Eimerlisten – WTF?

Sorry, mit der Überschrift starte ich gleich wieder viel zu negativ 😉 Eigentlich wusste ich gar nicht, was eine Bucket List ist, wieso sie so heißt und was das Ganze soll. Da Lizzi von LizzisWelt so einen schönen Blogparadenaufruf geschrieben hat und ich gerade Lust habe, mir ein paar positive Gedanken zu machen, setze ich mich nun aber einfach mal dran.

Dumm nur, dass ich gar keine konkreten Ziele habe, die ich auflisten könnte. Oder auch gar nicht so dumm, denn eigentlich ist das sehr durchdachte Absicht. Ich stehe noch immer zu dem, was ich darüber vor beinahe drei Jahren in meinem Beitrag „Good is better than perfect“ schrieb: ohne Ziele lebt es sich zufriedener. Das gilt zumindest, wenn mensch sich zu sehr an Plänen oder Wünschen festklammert und so verbissen nach den eigenen Zielen strebt, dass darüber das Jetzt mit all seiner Schönheit und die achtsame Wahrnehmung des aktuellen Moments in den Hintergrund tritt.

Wer eine Bucket List hat, läuft in meiner Vorstellung mit einem Eimer über dem Kopf durchs Leben und schaut die ganze Zeit nur nach unten auf den Zettel, wo sie oder er nach und nach jede vorgeplante Station abhakt. Erfahrungen werden nur noch gemacht, um sie als erledigt verbuchen zu können – Dinge passieren nur, damit mensch davon berichten und sich gewissermaßen damit schmücken kann. Viele Menschen mögen durch das Verfolgen von Wünschen und Zielen angespornt und motiviert werden – mich persönlich setzt das alles eher unter druck. Ziele können viel zu leicht verfehlt und Wünsche noch leichter enttäuscht werden – also gehe ich dieses Risiko lieber erst gar nicht ein und freue mich dann umso mehr, wenn etwas unvorhergesehen Schönes oder Nützliches passiert.

Die wenigen, für mein Empfinden ausreichend greifbarenDinge, die ich auf eine Bucket List schreiben könnte, gehen niemanden etwas an oder sind illegal – also schreibe ich sie hier lieber nicht auf. Da ich nicht gerne reise und mir schon vor langer Zeit geschworen habe, nie wieder in ein Flugzeug zu steigen, fällt die bei Vielen übliche lange Liste von Reisezielen und Aktivitäten an fernen Orten für mich auch flach. Also was nun? Oute ich mich doch einfach nicht nur als ahnungslos in Bezug auf Filme und daraus abgeleitete Begriffe sondern, laut Lizzi, auch als Streberin und schreibe eine reverse Bucket List.

Dabei bekomme ich dann allerdings gleich das nächste Problem: Mein (Er-)Leben lässt sich auch rückwärts nicht abhaken. Es funktioniert einfach nicht als Strichliste oder Aneinanderreihung von Checkboxen. Für mich sind Erlebnisse und Erfahrungen – egal ob geplant oder nicht – immer nur einzelne Schritte auf einem langen und nie wirklich endenden Weg der Weiterentwicklung und des Lernens. Ich kann also kaum etwas einzeln Abgrenzbares herausgreifen, was ich als singuläres Erlebnis auf eine wie auch immer benannte Liste schreiben könnte. Was ich auflisten kann, sind Dinge, die ich an mir und meinem Leben gut finde. Das sind aber nicht zwingend Ereignisse; es können genauso gut Zustände, Tatsachen oder über lange Zeit gewachsene Lernprozesse sein. Wenn es eingrenzbare Ereignisse sind, werden sie meist erst durch meine Bewertung oder daraus gezogene Schlüsse zu einem Teil der Liste – also doch wieder nix mit eingrenzbar.

Dennoch, ich will es versuchen. Hier folgt nun also in unsortierter Reihenfolge die Liste der Erkenntnisse, Erfahrungen, Zufälle und Umstände, für die ich dankbar bin, aus denen ich gelernt habe und die mich und mein Leben so zu sagen vorangebracht und besser gemacht haben:

  • Ich habe eine wunderbare Hündin.
  • Ich habe ein Haus gekauft und das noch nie bereut.
  • Ich habe mir in den Jahren 2014 und 2015 viel Zeit genommen, um ganz für mich allein zu sein, ausgiebig zu reflektieren und mich selbst viel besser verstehen zu lernen.
  • Ich kann aus jedem Rückschlag und jedem eigentlich negativen Ereignis irgendetwas Positives ziehen.
  • Ich liebe meinen Körper inklusive seines amoklaufenden Immunsystems und jedes einzelnen grauen Haares.
  • Ich habe die wohltuende und hilfreiche Wirkung von Cannabis für mich entdeckt.
  • Ich bin Teil eines tragfähigen Netzwerks wunderbarer Menschen.
  • Ich verdiene mein Geld mit Arbeit, die mir Freude macht und anderen Menschen nützt.
  • Ich habe mein Studium trotz unglaublich vieler Zweifel und Hürden nicht hingeschmissen sondern 2012 mit der Gesamtnote 1,4 abgeschlossen.
  • Ich bin im Jahr 2000 gestärkt und mit einem halbwegs passablen Abitur von der Regelschule abgegangen, anstatt an der Integration zu zerbrechen und vom Blindenghetto eingesaugt zu werden.
  • Ich kann meinen Teil dazu beitragen, die Welt zu einem besseren Ort zu machen.
  • Ich habe, wenn auch nur für ein paar Wochen, auf dem Wasser inmitten herrlicher Natur gelebt.
  • Ich habe eine ungewollte Schwangerschaft abgebrochen und mit dieser Entscheidung nie gehadert.
  • Ich habe, wenn auch spät, gelernt, mich wie ein erwachsener Mensch zu fühlen und mir selbst zu vertrauen.
  • Ich hatte noch nie Angst davor, in ein Mikrophon, eine Kamera oder vor einem großen Publikum zu sprechen.
  • Ich habe verstanden, dass ich widererwarten doch ein total kreativer Mensch sein kann.
  • Ich habe akzeptiert, dass Musik machen nur sehr eingeschränkt mein Ding ist.
  • Ich liebe es, älter zu werden und an meinen Erfahrungen zu wachsen.

Das ist ein gutes Schlusswort und mir fällt momentan nichts Weiteres ein, das nicht konstruiert wäre. Also lassen wir es dabei. Mit einer Bucket List hat das zwar absolut nichts zu tun, aber es ist die einzige Art von Liste, die für mich einigermaßen Sinn ergibt. Und, ähnlich wie Lizzi beim schreiben ihrer Bucket List, habe ich mich beim schreiben meiner Dingsbums-„warum ich so toll bin“-Liste hier über jeden einzelnen Punkt gefreut und gehe mit einem positiven Gefühl in den Abend 🙂

3 Gedanken zu “Eimerlisten – WTF?

  1. LizzisWelt sagt:

    Liebe Lea,

    mega, dass du auch bei meiner Blogparade mitmachst! Freut mich voll, vor allem, weil du noch eine ganz andere Meinung miteinbringst und was wäre eine echte Parade, wenn sie nicht durch Unterschiedlichkeit auffallen würde? Ich kann dich und deine Sicht in gewisser Weise total verstehen. Für manche ist eine bucket list tatsächlich wohl auch nichts anderes als Prestige, abhaken usw. Ich habe das irgendwie noch nie so gesehen, weil ich meine Punkte auch nie abhaken, sondern vielmehr erfüllen würden und sie werden als Erinnerung dann ein Teil von mir. Aber der eine schreibt das gerne zusätzlich auf eine Liste, der andere trägt seine Wünsche nur im Herzen. So oder so, es gibt da kein Richtig oder Falsch.

    Deine reverse list oder dingsbums-du-bist-toll-Liste gefällt mir so sehr, weil ich es ganz wichtig finde, dass man sich selbst loben kann, dass man stolz auf sich sein kann und sich selbst gut kennt. Das tust du, wie es scheint, sehr 🙂

    Vielen Dank für deine bereichernde Teilnahme an meiner Blogparade ❤
    Lizzi

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