Der Drachenbaum – eine Zimmerreise

Bei Puzzleblumes ZimmerreisenAufruf sind diesmal ideengebende Gegenstände mit den Anfangsbuchstaben D und E gefragt. Und da fiel mir schon lange vor Beginn dieser Runde ein „Gegenstand“ ein, der mich jedes Mal ganz von allein auf Zimmerreise schickt, wenn ich ihm begegne oder auch nur an ihn denke: Mein Drachenbaum, genannt „die Palme“.

Der Drachenbaum, mit dem und dessen Freundin Aloe Vera ich mein Wintergarten-Arbeitszimmer teile, ist ein eher kleines Exemplar. Er steht auf einer Kommode und ist inklusive Topf ungefähr 1,20m hoch. Seine Kinderstube war vor elf Jahren ein Dekotopf, den er sich mit einem Mini-Ficus, einer Grünlilie und einer Keramikfigur teilen musste. Diesen Topf bekamen mein Ex-Mann und ich zur standesamtlichen Hochzeit geschenkt, daher weiß ich so genau, dass es ziemlich exakt elf Jahre sind. Irgendwann segneten die anderen beiden Pflänzchen das Zeitliche und ich entsorgte die hässliche Keramikfigur – eine Art Gartenzwerg, der auf dem Rücken einer Schildkröte saß. Beim Umtopfen des einzig überlebenden Drachenbäumchens musste ich feststellen, dass seine Wurzeln aufgrund seiner Positionierung im Ursprungstopf ausladend kreisförmig zu einer Seite gewachsen waren. In seinen neuen Topf konnte ich ihn also nicht mittig setzen sondern er bestimmte durch sein Wurzelwerk, dass sein Stamm eher am Topfrand aus der Erde kam – sah und sieht vermutlich komisch aus, war mir aber egal. Hauptsache, das Bäumchen war gerettet.

Lange stand das kleine Pflänzchen im Schatten seines großen Bruders, um den es weiter unten gehen wird. Als mein damaliger Partner – schon nicht mehr der Ex-Mann – und ich 2018 ins Haus umzogen und der Wintergarten langsam Form annahm, wanderte das Drachenbäumchen in dieses neue Domizil. Dort vertrocknete es in mehreren heißen Sommern beinahe und ich glaubte kaum, dass es noch zu retten wäre – war es aber. Es sieht noch immer ein wenig gerupft aus, einer der drei Stämme hat oben keinen richtigen Blätterpuschel sondern nur ein kleines, verkümmertes Etwas. Aber die anderen Beiden erholten sich schon nach kurzer Zeit prächtig und ich arbeite weiter daran, die ganze Pflanze aufzupeppeln.

Dieser kleine Drachenbaum erinnert mich unwillkürlich an sein großes Vorbild, dessen Geschichte ähnlich verschlungen verlif. Vor ebenfalls ungefähr elf Jahren suchten der Ex-Mann und ich für eine bestimmte Stelle in unserer damaligen Wohnung eine hohe, schmale Zimmerpflanze. Ich inserierte das Gesuch in einer lokalen Newsgroup und schnell meldete sich ein freundlicher Mensch. Er schrieb, er habe einen Drachenbaum, den er vor Jahren vom Müll gerettet und aufgepeppelt habe, der nun jedoch zu groß geworden sei und in seiner dunklen Erdgeschosswohnung nicht genug Licht bekäme. Da unsere Wohnung hohe Decken hatte und speziell der Platz, für den wir die Pflanze suchten, hell und sonnig war, wurden wir uns schnell einig, dass der Drachenbaum es bei uns besser haben würde. Wir holten ihn ab, was auch bei seiner damaligen Höhe von knapp 1,70m schon eine gewisse Herausforderung war, und er fristete bei uns ein fröhliches, dekoratives Drachenbaumdasein.

Es ging ihm so gut, dass er kräftig weiter wuchs. Die drei Stämme, die auch dieses Exemplar hatte, die sich aber längst weiter verzweigt hatten, waren schief und krumm, verdreht und verwachsen, aber gerade das machte die Besonderheit und Individualität dieser Pflanze aus. Als mein Mann und ich uns trennten und ich umzog, nahm ich den Drachenbaum mit – zum Glück zog ich nur wenige Straßen weiter, so dass wir ihn mit seiner Höhe von inzwischen über zwei Metern einfach auf einem Pflanzenuntersetzer zu meiner neuen Wohnung rollern konnten. Auch dort waren die Decken hoch und trotz relativ dunklem Erdgeschoss ohne jegliche Sonneneinstrahlung wuchs der Baum weiter.

Irgendwann stieß er an die Decke meines Schlafzimmers. Da zufällig gerade die Pflanze, die zuvor das Treppenhaus begrünt hatte, kaputtgegangen und entsorgt worden war, stellte ich der Hausgemeinschaft meinen Drachenbaum zur Verfügung, um unser in allen Dimensionen geräumiges Altbautreppenhaus zu beleben. Aufgrund seiner noch immer relativ schmalen Form stand er nicht zu sehr im Weg, es passte auch mal ein Kinderwagen oder ein Fahrrad daneben.

Ich bin relativ sicher, das er dort noch steht. Der Mieter meiner Wohnung sagte kürzlich, dort stände auf jeden Fall eine große Pflanze Ob es mein Drachenbaum ist, wusste er aber nicht. Ich hätte ihn gern hier, aber die Räume in einem 60er-Jahre-Reihenhaus sind einfach nicht hoch genug für dieses Monster. Wenn ich bedenke, dass der Drachenbaum zu dem Zeitpunkt, als wir ihn damals übernahmen, schon mehr als zehn Jahre alt gewesen sein muss – nach seiner Größe im Vergleich zum kleinen Kumpel zu urteilen – hat er jetzt weit über 20 Jahre auf dem Buckel. Ich habe keine Ahnung, welche Lebenserwartung Drachenbäume haben, aber mir kommt das schon recht methusalemhaft und damit umso schützens- und schätzenswerter vor. Vielleicht hält er durch, bis ich irgendwann nochmal dort wohne, das wäre schön.

11 Gedanken zu “Der Drachenbaum – eine Zimmerreise

  1. puzzleblume sagt:

    Wie schön, dass es eine gerettete Pflanze ist, der Drachenbaum. Vielleicht lohnt sich mal der Ausflug mit jemandem, der nachprüfen kann, ob es vielleicht Seitentriebe gibt, die ihrerseits gerettet werden müssten? Man kann Drachenbäume in Wasser oder in feuchter Erde bewurzeln.

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    1. kommunikatz sagt:

      Gut zu wissen 🙂 Da gibts beim großen Exemplar sicher Einige. Wenn Corona es zulässt, besuche ich ihn im März, aber vielleicht tagt die Hausversammlung auch via Videokonferenz. Der kleine Baum hat momentan noch nix abzugeben, der muss erstmal an einem seiner drei Stämme überhaupt wieder einen ordentlichen Kopf entwickeln.

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  2. pflanzwas sagt:

    Da ist er also noch mal, der Drachenbaum 🙂 Ach ja, da kann man echt anhänglich werden. Wenn er mal zu groß werden sollte und du oder jemand anders doch noch Ableger macht, lebt er bestimmt noch 20 Jahre. Witzig, bei mir steht auch ein Drachenbaum (ein „einarmiger“, der zweite hat sich irgendwann verabschiedet) und in der zweiten Fensterbank steht eine Aloe vera (weiß gar nicht mehr, wie ich zu der gekommen bin). Die mögens halt sonnig und warm und daß haben sie hier. Ich drücke die Daumen, daß der Drachenbaum und du noch mal zueinander finden. Wäre schön und eine Geschichte mit Happy End!

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