Es geht voran

Lange habe ich kein Update mehr zu meinem persönlichen Gesundheitsgedöns gebloggt. In letzter Zeit war (nicht nur negativer) Stress und Nervigkeit statt Muße zum Schreiben an der Tagesordnung. Dass so viel los war und ist, hätte auch genug Inhalt für Blogbeiträge hergegeben, aber Zeit und Kraft reichten meist einfach nicht, um die Dinge zu wuppen und dann auch noch darüber zu berichten.

Also hier mal eine Zusammenfassung ohne Anspruch an Textqualität – dafür ist auch jetzt, trotz Wochenende, meine to-do-Liste zu voll und mein Tag zu eng getaktet. Warum das (neben dem üblichen Wahnsinn) so ist, werde ich bei Gelegenheit kundtun, aber zu Vieles ist noch mitten im Prozess und in keiner Weise spruchreif. Erstmal beschränke ich mich daher auf die konkret geschehenen sowie abseh- und planbaren Dinge.

Fast den ganzen März lang ging es mir dreckig. Meine MS-Symptome des letzten Schubes, also die Misempfindungen in der rechten Körperhälfte, liefen zur Höchstform auf und feierten eine wilde Party. Ich kannte das alles, aber es war mir deutlich zu intensiv und zu sehr in Bewegung. Den einen Tag war das Wärmegefühl ausgeprägter, den nächsten der Berührungsschmerz, den nächsten Tag tat mein Bein weh und den nächsten war ich höllisch erschöpft. An Schlaf war kaum zu denken, was das restliche Elend nur noch steigerte. Also alles mal wieder verunsichernd und blockierend, teils im Wortsinn, teils in psychischer Hinsicht. Irgendwann wurde es so heftig, dass ich Angst bekam, wieder ins Klinikum zu müssen. Mein Neurologe war mal wieder im Urlaub, sein Praxiskollege hatte Verständnis für meinen Wunsch, diesmal nur ein ambulantes MRT zu machen. Er fand es aber sinnvoll, die Lage zu checken, da meine Symptomatik auch aus seiner Sicht nicht klar genug sagen ließ, ob es nur die Nachwirkungen des letzten Schubes oder vielleicht doch Auswirkungen eines neuen waren.

Mit entsprechendem Eilvermerk auf der Überweisung bekam ich einen Termin für den 31.03.21. Am 01.04.21 hatte ich den ersten Termin bei meiner neuen Neurologin, zu der ich wegen der anstehenden Medikamentenumstellung und der baldigen Rente meines bisherigen Neurologen wechsele. Das passte perfekt, zumal die Kardiologie das MRT-Ergebnis direkt und schnell genug an die neue Neurologin schickte, um es gleich bei unserem Termin besprechen zu können. Das MRT ergab, dass im Vergleich zur letzten Bildgebung aus dem vergangenen Juli keinerlei (sic!) neue Krankheitsaktivität sichtbar war – wow, mir fiel ein Megalith vom Herzen.

Die sympathische und kompetente Neurologin untersuchte mich und hörte sich in Ruhe meine bisherige Krankengeschichte an. Auch die Empfehlungen aus dem Klinikum zur Medikamentenumstellung schilderte ich ihr, inkl. meiner Gedanken dazu, und ließ ihr meinen Ordner mit diversen Diagnosen und Entlassberichten da. Ohne, dass ich es erwähnte, schlug sie voll in meine Kerbe: Wieso sollte ich auf eine Eskalationstherapie wechseln, wenn doch außer den beiden Schüben der letzten zwei Jahre ansonsten keine messbare Aktivität der MS vorlag? Für eine wirklich aggressivere Krankheitsphase spräche das nicht – jedenfalls bei Weitem nicht so deutlich, wie die Professorin aus der MS-Ambulanz gemeint hatte. Sie schlug daher ein anderes Medikament vor, wie mein bisheriges ein Basistherapeutikum und keine Eskalationstherapie, trotzdem immunsuppressiv, aber nicht ganz so extrem wie die bisher in Rede stehenden Optionen. Von meinem bisherigen Medikament wegzuwechseln, hätte durchaus Sinn, weil sich der Körper nach fast 15 Jahren natürlich an den Wirkstoff gewöhnt habe und dieser dadurch möglicherweise mit der Zeit seine Wirkung verlöre. Um dem zu begegnen, könne aber eben auch ein anderer Wirkstoff aus der Basisklasse, an den ich eben noch nicht gewöhnt bin, mindestens genauso gut helfen.

Für diesen Weg habe ich mich nun entschieden. Und da für den Start mit diesem Medikament u.a. ein maximal drei Monate altes MRT Voraussetzung ist, besteht jetzt netterweise ein gewisser Zeitruck. Wieso ist das nett? Ganz einfach: weitere Voraussetzungen sind auch hier diverse Untersuchungen und ein vollständiger Impfschutz. Den hatte ich ja eh schon weitgehend auf Vordermann bringen lassen, nur um die Covid-Impfung kämpfte ich noch. Zusätzlich brauche ich jetzt dann auch noch eine Impfung gegen Gürtelrose. Und das alles bekommt durch das Ende Juni verfallende MRT-Ergebnis von Ende März einen beschleunigenden Arschtritt.

Wegen der Covid-Impfung hatte ich bereits vor einem knappen Monat einen Antrag beim Impfzentrum gestellt, mich aus diversen Gründen in der Impfpriorisierung hochzustufen. Dazu reichte ich ein Attest meiner Hausärztin, die Berichte aus dem Klinikum zu meiner MS und der anstehenden Immunsuppression und einen Nachweis über meine Blindheit ein. Wegen der Schwierigkeit, nichtsehend Abstände zu anderen Menschen konsequent einzuhalten, wird nämlich empfolen, auch einfach nur blinde Menschen ohne Bonus-Trouble in der Priorisierung vorzuziehen. Bis heute kam keine Reaktion, weil die Impfzentren offenbar heillos überlastet sind. Meine Hoffnungen ruhen daher schon seit einer Weile auf meiner Hausärztin. Die Hausarztpraxen haben seit Ostern erste, kleine Mengen Impfstoff erhalten und es kann nur mehr werden. Vor dem Hintergrund, dass ich nun bis Ende Juni sowohl die Covid- als auch die Gürtelrose-Impfung brauche, die beide jeweils aus zwei Dosen bestehen, und alles zueinander bestimmte zeitliche Abstände haben muss, wird es jetzt also logistisch ein bisschen kompliziert. Gestern sagte mir eine Mitarbeiterin meiner Hausärztin aber, sie tüftele daran schon herum und werde sich baldmöglichst mit einem Plan bei mir melden. Schrieb ich schonmal, dass ich diese Praxis liebe?

Da geht also was, bis Ende Juni bin ich gegen Covid immunisiert. Ich komme voran, weil ich mich in letzter Zeit allerdings auch ziemlich dahintergeklemmt habe. Sieht mensch mal wieder: Eigeninitiative hilft. Menschen wie mein Onkel mit der halben Lunge oder eine Freundin und ihre Mutter, die beide jeweils mehrere Risikofaktoren in sich vereinen, werden allerdings ganz ohne Eigeninitiative von ihren Ärzt*innen zur Impfung einbestellt. Gut, ich bin es gewöhnt, um meine Belange kämpfen zu müssen, also mach ich das halt – mit sich abzeichnendem Erfolg. Ich frage mich nur, wie ich so jemals lernen soll, dass ich nicht für alles verantwortlich bin und die Dinge nur laufen, wenn ich mich selbst darum kümmere. Diesen Glaubenssatz versuche ich dringend und vehement abzulegen, aber er klebt mir am Schuh wie ein Kaugummi.

PS: Dem Freund, den und dessen Frau ich im letzten Impfrant erwähnte, geht es auch schon deutlich besser, nachdem die letzten PCR-Tests bereits wieder Covid-negativ waren 🙂

6 Gedanken zu “Es geht voran

  1. kommunikatz sagt:

    Gerade bekam ich eine Mail vom Impfzentrum, dass ich warten soll, bis ich offiziell in Prio 3 dran bin – habe freundlich geantwortet, dass sie mich aus dem System nehmen können, weil meine Hausärztin schon längst einsichtiger war 🙂

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  2. kommunikatz sagt:

    Achja, und dank der Hartnäckigkeit meiner Mutter haben meine Eltern für Freitag ihre ersten Impftermine 🙂 Sie hatten sich bei der KV Nordrhein registriert, um bei Terminabsagen, Impfstoffresten oder Sonderkontingenten reinrutschen zu können – das hat, auch bei weiteren Leuten aus dem Bekanntenkreis, erstaunlich schnell geklappt, denn vom Jahrgang her sind sie eigentlich auch noch nicht dran, dachte ich – 1947 und 1949. Meines Wissens werden aktuell noch die Jahrgänge vor 1945 abgearbeitet.

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